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Übertarifliche Bezahlung: Definition, Bedeutung & übertarifliche Zulagen im Arbeitsrecht

Übertarifliche Bezahlung bezeichnet Löhne oder Gehälter, die über den in Tarifverträgen festgelegten Mindeststandards liegen. Tarifverträge, die zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt werden, setzen Mindestlöhne, Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche und weitere Arbeitsbedingungen fest. Unternehmen sind jedoch nicht daran gehindert, ihren Arbeitnehmern freiwillig eine Bezahlung anzubieten, die über diese Mindeststandards hinausgeht. Diese Praxis der übertariflichen Bezahlung ist in vielen Branchen üblich und kann in verschiedenen Formen erfolgen, etwa als Grundgehaltserhöhung oder in Form von Zulagen und Boni.

Die Gründe für übertarifliche Bezahlung sind vielfältig. Oft dient sie dazu, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und langfristig an das Unternehmen zu binden. In Branchen mit Fachkräftemangel oder hoher Konkurrenz um gut ausgebildete Arbeitskräfte nutzen Unternehmen übertarifliche Gehälter, um sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Sie signalisiert zudem Anerkennung und Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern und trägt dazu bei, die Motivation und Arbeitszufriedenheit zu steigern.

Definition – Übertarifliche Bezahlung im Kontext von Tarif- und Arbeitsrecht

Das Tarifrecht bildet die Grundlage für Arbeitsbedingungen, die in vielen Branchen und Berufen standardisiert sind. Tarifverträge werden zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden abgeschlossen und setzen Mindeststandards für Löhne, Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen und sonstige Arbeitsbedingungen. Arbeitnehmer, die unter einen Tarifvertrag fallen, haben einen Rechtsanspruch auf die dort festgelegten Mindestbedingungen. Übertarifliche Bezahlung geht jedoch darüber hinaus und ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers.

Ein wichtiger Aspekt der übertariflichen Bezahlung ist die sogenannte übertarifliche Zulage. Diese Zulage ist ein zusätzliches Entgelt, das Arbeitnehmern neben dem tariflich vereinbarten Lohn gezahlt wird. Sie kann aus verschiedenen Gründen gewährt werden, beispielsweise für besondere Qualifikationen, langjährige Betriebszugehörigkeit oder außergewöhnliche Leistungen. Übertarifliche Zulagen können vertraglich fixiert sein oder auf einer freiwilligen, jederzeit widerrufbaren Entscheidung des Arbeitgebers beruhen.

Rechtlich gesehen bleibt die übertarifliche Bezahlung unabhängig vom Tarifvertrag bestehen, solange keine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen wird, die die übertarifliche Zulage an die Laufzeit des Tarifvertrags koppelt. Es ist daher möglich, dass eine übertarifliche Bezahlung auch dann bestehen bleibt, wenn ein neuer Tarifvertrag mit veränderten Bedingungen abgeschlossen wird. In der Praxis können jedoch individuelle oder betriebliche Vereinbarungen die Höhe und Bedingungen der übertariflichen Bezahlung beeinflussen.

Gründe für übertarifliche Bezahlung im Einzelfall

Die übertarifliche Bezahlung kann von Unternehmen aus verschiedenen Gründen praktiziert werden. Einer der Hauptgründe ist die Gewinnung und Bindung qualifizierter Mitarbeiter. In Branchen mit hoher Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften ist es für Unternehmen entscheidend, sich durch attraktive Gehälter und Zusatzleistungen von der Konkurrenz abzuheben. Übertarifliche Bezahlung kann in diesem Zusammenhang ein wichtiger Faktor sein, um die besten Talente für sich zu gewinnen und diese langfristig zu halten.

Ein weiterer Aspekt ist die Motivation der Belegschaft. Übertarifliche Gehälter und Zulagen können als Anerkennung für besondere Leistungen und als Anreiz für die Mitarbeiter dienen, ihre Arbeitsleistung zu steigern. Insbesondere in Branchen, in denen der Erfolg eines Unternehmens stark von der Leistung und dem Engagement der Mitarbeiter abhängt. Dort können übertarifliche Vergütungen ein wirksames Mittel sein, um die Produktivität zu erhöhen und ein positives Arbeitsklima zu schaffen.

Darüber hinaus kann die übertarifliche Bezahlung dazu beitragen, die Fluktuation im Unternehmen zu reduzieren. Mitarbeiter, die sich finanziell gut gestellt fühlen und die Wertschätzung ihres Arbeitgebers erfahren, sind in der Regel weniger geneigt, das Unternehmen zu verlassen. Dadurch spart das Unternehmen Kosten, die mit der Suche und Einarbeitung neuer Mitarbeiter verbunden sind. Weiterhin profitiert es von einer stabilen und erfahrenen Belegschaft.

Arten und Zweck der übertariflichen Zulage

Übertarifliche Bezahlung kann auf verschiedene Arten erfolgen. Eine Möglichkeit ist die Zahlung eines höheren Grundgehalts als im Tarifvertrag vorgesehen. Hierbei wird das tarifliche Grundgehalt durch eine übertarifliche Zulage ergänzt, die entweder als fester Bestandteil des Arbeitsvertrags vereinbart oder auf freiwilliger Basis vom Arbeitgeber gewährt wird. Diese Zulage kann dauerhaft oder befristet sein. Sie kann an bestimmte Bedingungen geknüpft werden. Zum Beispiel an die Leistung des Mitarbeiters oder an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.

Eine weitere Form der übertariflichen Bezahlung sind Sonderzahlungen wie Boni, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, die über die tariflich vereinbarten Beträge hinausgehen. Diese Zahlungen können an individuelle Leistungen, betriebliche Ziele oder an die Dauer der Betriebszugehörigkeit geknüpft sein. Solche Zusatzleistungen sind in der Regel freiwillig und können vom Arbeitgeber je nach wirtschaftlicher Situation und Unternehmenspolitik gewährt oder angepasst werden.

Auch Sachleistungen, wie zum Beispiel ein Firmenwagen, Essensgutscheine oder die Bereitstellung eines Diensthandys, können als übertarifliche Leistungen betrachtet werden. Diese Art der Vergütung erweitert das klassische Gehalt um zusätzliche Vorteile, die den Gesamtwert der Entlohnung steigern und zur Mitarbeiterzufriedenheit beitragen. Sie bieten den Mitarbeitern Mehrwert und erhöhen die Attraktivität des Arbeitgebers.

Rechtliche bzw. gesetzliche Aspekte der übertariflichen Bezahlung

Die übertarifliche Bezahlung unterliegt bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich handelt es sich dabei um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, die nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. In der Praxis kann sie jedoch durch individuelle Vereinbarungen, Betriebsvereinbarungen oder betriebliche Übung rechtlich bindend werden. Wird eine übertarifliche Zulage beispielsweise im Arbeitsvertrag festgelegt, hat der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf diese Zahlung.

Wird die übertarifliche Bezahlung über einen längeren Zeitraum regelmäßig und ohne Vorbehalt geleistet, kann daraus eine sogenannte betriebliche Übung entstehen. Diese betriebliche Übung verpflichtet den Arbeitgeber, die übertarifliche Bezahlung auch in Zukunft fortzuführen, sofern er nicht ausdrücklich einen Vorbehalt formuliert hat. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber nicht ohne weiteres die übertarifliche Bezahlung einstellen oder reduzieren, ohne dass der Arbeitnehmer dem zustimmt.

Arbeitgeber sollten daher bei der Einführung und Handhabung übertariflicher Vergütungen darauf achten, klare Vereinbarungen zu treffen und eventuelle Vorbehalte schriftlich festzuhalten. Auf diese Weise können sie die Flexibilität wahren, übertarifliche Leistungen an veränderte betriebliche oder wirtschaftliche Bedingungen anzupassen. Und sie vermeiden rechtliche Unsicherheiten.

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